Wang Yangming (1472-1529) ist einer der wichtigsten Denker der chinesischen Kaiserzeit. Im Fokus seines Denkens steht das spontane Mitgefuhl mit Mitmensch und Umwelt, in dem er den Grund fur die Moglichkeit menschlicher Moral erkennt. Wahrend er dieses moralische Gefuhl mit einem Ausdruck des klassischen Philosophen Menzius als echtes Wissen (liang zhi) bezeichnet, ist es ein anderer kanonischer Text, dem die Schlusselrolle bei der Ausformulierung seiner Lehre zukommt: Das Gro e Lernen , eines der Vier Bucher des Konfuzianismus, schlagt einen Bogen von der Ubung des Geistes zu moralischer Selbstsorge und herrschaftlicher Fursorge. Dieser kurze Text stand schon im Zentrum des Bildungsprogramms des Zhu Xi, der daraus die Auffassung ableitete, im Studium musse man sich ausfuhrlich mit den Dingen (und Texten) befassen, um die darin aufscheinende Ordnung der Welt zu erkennen. Es ist gegen diese Auffassung, dass Wang Yangming das Gro e Lernen als eine Anleitung zur Introspektion der eigenen moralischen Intuition deutet und von jedem Bezug auf die au ere Wirklichkeit lost. Der vorliegende Band versammelt spate Texte Wang Yangmings. Im Mittelpunkt stehen seine Fragen zum Gro en Lernen , einer der wichtigsten Grundlagentexte der nach ihm benannten Denkschule. Eine Einleitung, zahlreiche Anmerkungen und mehrere Anhange erlauben die philosophische und geistesgeschichtliche Einordnung der ubersetzten Texte.