In dieser Arbeit untersuche ich die seit 1988 uber mehrere Bande ausgebreitete fundamentale Kritik des deutschen Ethnologen' und Philosophen Hans Peter Duerr an der Zivilisationstheorie, die Norbert Elias in den 1930er Jahren ent- worfen und seitdem bestandig weiterentwickelt hat. Ziel dieser Arbeit ist es, aus der Vielzahl von empirischen Belegen, die Duerr gegen Elias zusammengetragen hat, und aus den sich daran anschlieenden Diskussionsbeitragen zur Elias- Duerr-Kontroverse theoretische Schlussfolgerungen uber die Gultigkeit und Reichweite von Elias' Zivilisationstheorie zu ziehen. Der erste Band von Hans Peter Duerr (geb. 1943) uber den "Mythos vom Zivilisationsprozess", mit dem Titel "Nacktheit und Scham", erschien 1988. Darin rechnete Duerr ab mit dem Hauptwerk von Norbert Elias (1897-1990), seinem zuerst 1939 veroffentlichten Buch "Uber den Proze der Zivilisation". Ein Jahrzehnt spater sind noch drei weitere umfangreiche Bande von Duerrs Kritik am "Mythos vom Zivilisationsprozess" erschienen; ein abschlieender funfter Band ist angekundigt. ' In seinen "Mythos-Banden" ist es nicht Duerrs Anliegen, sich auf die "Schultern von Riesen" (R. K. Merton) zu stellen, um trotz Zwergengroe weiter als diese zu sehen, oder beim "Fackellauf' (Elias/Lepenies 1977: 67f) die Fackel von der vorangehenden Wissenschaftler- generation aufzunehmen und sie ein Stuck weiterzutragen. Duerr beansprucht nicht, einen Beitrag zur Modifizierung oder Weiterentwicklung von Elias' Zivili- sationstheorie zu leisten. Im Gegenteil zielt seine Kritik darauf ab, Elias' Theorie In Deutschland wird unter Ethnologie oder - wie es fruher hie - Volkerkunde allgemein die Wissenschaft verstanden, die sich mit Sozialstruktur und Kultur sog.